30. April 1941
Es ist kurz nach 18.00 Uhr als 20 STUKAs über ihre Köpfe rauschten.
Erst am Südhang und anschließend am Nordhang wurde die Höhe 209 bombardiert. Die Männer des MG Bataillon 2 lagen im Bereitstellungsraum südwestlich des Ras el Madauuer und sahen in 1,5 km Entfernung die Attacke der deutschen Luftwaffe.
Vorboten auf das was kommen mag.
Die sanft ansteigende Höhe Ras el Madauuer (genannt „209“) welche am westlichen Gürtel der Verteidigungsanlagen von Tobruk liegt war ihr Ziel. Eine Schwachstelle die sich Rommel und seine Offiziere zum Durchbruch auf die Hafenstadt ausgeschaut hatten. Hier gab es keine Panzergräben und die Flächendrahthindernisse waren nicht vollständig ausgebaut. Es ist der Vorabend des Hauptangriffes.
Das MG – Batl. 2 mit unterstellten Pioniertrupps soll die Vorarbeit leisten. Einbruch in den Festungsgürtel und einen 3 km tiefen Brückenkopf zum Nachziehen aller Angriffsverbände bilden.
…
Ich möchte euch in diesem Beitrag die Gruppe des Soldaten W vorstellen.
Ein Schicksal das so einiges an Kriegsschauplätzen zu Gesicht bekommen hat und erlebte.
… Frankreich – Nordafrika – Gefechte der Heeresgruppe Süd …
Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube es fehlen Dokumente um die Gruppe komplettieren zu können.
Nach meiner Meinung wurde er mehr als einmal verwundet.
Aber das soll jetzt nicht stören.
Der Papiernachlass hat für mich zwei besondere Highlights die ich zu Beginn hervorheben möchte:
- Einen seltenen Papiervordruck des VWA schwarz mit Bezug auf die Gefechte um Tobruk im Mai 1941
- Ein vorläufiges Besitzzeugnis des EK1 während der Kesselschlacht um Kamjanez-Podilskyj.
Soldat Wilhelm W kam nicht wie viele seiner Kameraden die diese Zeit überlebten nach den Kämpfen in Nordafrika in Kriegsgefangenschaft.
Leider befindet sich auf Grund der vorliegenden Dokumente zwischen Juni 1941 und Januar 1943 eine zu große Lücke um diesen Zeitraum im Detail recherchieren zu können.
Im Januar 1943 befand sich Wilhelm in Berlin. Ich vermute auf einem Genesungsurlaub nach einer weiteren Verwundung in Afrika.
Am 09. Januar 1943 absolvierte er die Bedingungen für das Reichssportabzeichen Bronze.
Er hat sich wieder körperlich fit gemacht! … so meine Gedanken.
Wir springen etwas.
Zurück an die Tobruk-Front im Mai 1941!
…
Ab ca. 18.45 Uhr ...
Eine Stunde nach der Luftattacke der STUKAs sollte der Angriff des MG Bataillon und der Pioniere starten. Die vorderen Teile der 3. Kompanie hatten nur noch 250 m zum Drahtverhau. Zwischenzeitlich legten auch die Feldhaubitzen des D.A.K. die Festungsfront um Höhe 209 unter Beschuss.
Das Vorspiel zum Sturmangriff erreichte seinen Höhepunkt.
Mit Erfolg! Starke Rauch- und Staubentwicklung durch die Bomben- und Granateinschläge ermöglichten fast ohne Störungen den Soldaten der MG Kompanien die Sturm-Ausgangsstellungen zu erreichen. Minuten später setzte erst das Sperrfeuer der britischen Artillerie ein.
Doch traf dieses nur bedingt die Bereitstellungsräume der deutschen Soldaten.
Einige Lagen der deutschen Artillerie kamen in den eigenen Reihen runter. Die Feldhaubitzen schossen zu kurz. Das musste schnell korrigiert werden.
Nach kurzer Zeit muss berichtet werden das zum einen die STUKA-Angriffe aber auch das eigene Artilleriefeuer die gewünschten Ziele sehr gut unter die Mangel nahm.
Im KTB ist zu lesen:
„ ...das Herangehen der vorderen Teile der 3. Kompanie an das Drahthindernis vor Beginn des eigenen Artilleriefeuers war kühn. Die
Ausnutzung der durch den STUKA-Angriff hervorgerufenen moralischen Wirkung beim Feind, sowie durch den Staub hervorgerufenen Unsichtigkeiten muss als vorbildlich bezeichnet werden... “
19.00 Uhr, Sprung zum Draht. Die Sprengtrupps kamen zum Einsatz.
Einem Pionier-Unteroffizier gelang es drei Gassen in den Drahtverhau zu sprengen.
Die 3. Kompanie stürmte auf das Fort Ras el Madauuer.
Die Soldaten der „Dritten“ sollten als erstes die Einbruchstelle stürmen.
Direkt dahinter folgte die 2. Kompanie mit Feldwebel W.
Angriff durch die schmale Einbruchsstelle und das als vermint geltende Gelände. Die Einbruchstelle lag zwischen den betonierten offenen Kampfanlagen „R 1“ und „S“. Leider nicht ganz die geplante Einbruchstelle. Durch Artillerievolltreffer wurde der 1. Zug der 3. Kompanie stark gelichtet. Flankenfeuer aus den genannten Abwehranlagen setzten den Angreifern ebenfalls stark zu.
…
Unteroffizier Wilhelm W erhielt im April 1938 in Koblenz die Dienstauszeichnung der Wehrmacht für 4 Jahre treue Dienste.
2. Kompanie des Maschinengewehrbataillon 2
→ Eine Mannschaft die in Afrika Geschichte schrieb.
Der Leitspruch der 2. Kompanie war: „Sei Soldat im Geiste“.
Diesen Verein sollte Wilhelm noch sehr lange begleiten dürfen.
Im Laufe des Jahres 1938 legten die Schützen ihre Waffen ab und nahmen Schanzzeug in die Hand. Auch das MG-Batl. 2 war am Ausbau des „Westwalls“ beteiligt.
Im März 1940 bekommt er das Schutzwall – Ehrenzeichen.
Mai 1940 … „Fall Gelb“ … der Angriff im Westen hat begonnen.
Ein Ausschnitt aus der Batl. - Chronik in diesen Tagen:
Die Kompanie von Soldat W. Im Einsatz.
„Die 2.Kp. war der Vorhut bis Vraux gefolgt, bog dann in südostwärtige Richtung ab und erreichte auf einer mit dem Kanal parallel laufenden Straße nach 2km das Dorf Juvigny, wo das Feindfeuer ein Weiterkommen verhinderte. Während die Vorhut bei den Kämpfen dieses Tages keine nennenswerten Verluste hatte, wurde hier Fw. Wäsche durch MG-Feuer schwer verwundet. Gefr. Österreich erhielt einen Kopfschuß, der seinem Leben einen Tag später ein Ende setzte.“
Am 24. Juni 1940 gab es für Unteroffizier W das Eiserne Kreuz 2. Klasse. Gegen 22.30 Uhr erreichte das Bataillon über Funk die Nachricht, wonach am kommenden Tage um 01 Uhr 35 der
Waffenstillstand in Kraft trete. Nach 44 Tagen und Nächten war der Kampf im Westen beendet.
Das Bataillon blieb als Besatzungstruppe in Frankreich.
Wieder in die Nacht der Attacke gegen die Hafenfestung Tobruk...
...
Die 2. Kompanie mit Soldat W sollte nach Wegnahme einer FLAK Stellung das Wegkreuz bei Höhe 180 besetzen. Doch zuvor ging es mit der 3. Kompanie im Angriff auf die Höhe 209, das Fort Ras el M. Das Fort wurde erreicht. Dann bog die „Zweite“ ab... um die Verbindung nicht zu verlieren, ging die Kompanie ganz schmal,
tief gegliedert, fast Mann hinter Mann, vor. Um 21 Uhr 15 kam dann von der Kompanie die Funkmeldung:
„Bin in der Gegend Ziel!“ Wie sich später herausstellte, war die 2. Kp. jedoch zu weit nach Nordwesten abgekommen, was darauf zurückzuführen war, dass die Einbruchstelle sich entgegen der Planung nach Norden verschoben hat, die 2. Kp. jedoch nach einer vorher festgelegten Marschzahl marschierte und daher
ihr Angriffsziel verfehlen musste. Tatsächlich stand sie in der Nähe einer Häusergruppe, nordostwärts Punkt 182. Die Männer igelten sich ein.
… so könnte man nun unendlich weiterschreiben.
Verwundet wurde W am 07.05.1941. An diesem Tag lag das Bataillon immer noch im Kampf um die Einbruchsstelle. Das Bataillon hat sich
trotz starker Verluste im Verteidigungsgürtel fest gebissen. Das Gelände war extrem flach. Der felsige Untergrund verhinderte ein
anlegen von tiefen Stellungen. Am Tag waren die Männer direkt auf dem„Präsentierteller“. Nur Nachts konnte gebaut werden. Aber auch nur
flache Mulden um die herum Geröll und Steinplatten aufgeschlichtet wurden. Die australischen Verteidiger konnten das komplette Gelände
perfekt einsehen. Am Tag der Verwundung war das Zusammenwirken der Artillerie unter Einsatz großer Munitionsmengen mit Granatwerfern und
Maschinengewehren sehr stark. Die Soldaten des MG Bataillon wurden unter die Mangel genommen. Das Trommelfeuer der Briten zog an.
Seine VWA Urkunde hat Hauptmann Steinheimer unterschrieben. Er war Chef der 4. Kompanie. Musste aber genau in diesen Tagen den
Bataillonskommandeur Major Voigtsberger vertreten. Dieser hatte Lungenentzündung und lag im Lazarett.
Zu Hauptmann Steinheimer gibt es folgende kleine Geschichte aus den Tagen der Tobruk-Front zu berichten:
„ ...nach dem täglichen Trommelfeuer der britischen Artillerie auf unsere
vorgeschobene HKL war es schon ein Hauptspaß, an der Nachrichten-
stelle die Feueranforderungen und Schimpfkanonaden des Chefs der
4. schweren Kompanie unseres Bataillons zur Division mitzuhören.
Ja, bei der Divisionsartillerie war die Munition knapp, man musste diese
für wichtigere Gelegenheiten aufsparen und nicht für Vergeltungsfeuer.
Besagter Hauptmann löste das Problem aus seine Art und Weise... ,
Er erhob sich aus seinem Gefechtsstand zur vollen Größe – er war eben
ein richtiges bayrisches Mannsbild – und fuchtelte mit einer Weinflasche
gegen die feindlichen Linien, aus Protest wegen des Beschusses.
Das gesehen zu haben, war fast ein Bühnenbild in der afrikanischen
Wüste vor Tobruk. Doch auch der Gegner hatte Sinn für Humor.
Die jenseitigen Scharfschützen schossen ihm den Flaschenhals ab... „
Nach 19 Tagen ununterbrochenen Einsatzes konnte am 18. Mai nach Einbruch der Dunkelheit zum ersten Male die Ablösung von Teilen des
Bataillons aus der vordersten Linie beginnen.
Am 19. Mai erhält W das Allgemeine Sturmabzeichen. Generalleutnant Johannes Streich hat das Dokument unterschrieben.
Dann haben wir in der Urkundengruppe einen großen Sprung in das Jahr 1943. Das Ringen um Nordafrika war für W beendet.
Er war in Deutschland wie bereits beschrieben und kam zu einer neuen Einheit. Er wird Teil der 3. Kompanie des Granatwerfer-Bataillon 9.
Das Bataillon wurde am 2. Juni 1943 in Heiligenbeil* an Stelle des bei Stalingrad vernichteten MG-Bataillon 9 aufgestellt. Das Bataillon bestand aus 3 Kompanien mit schweren Granatwerfern.
*(Mamonowo (russisch Мамоново, deutsch Heiligenbeil, polnisch Świętomiejsce oder Święta Siekierka, litauisch Šventapilė) ist eine Stadt in der russischen Oblast Kaliningrad.)
Sein alter Verein (MG Bataillon 2) wird im Mai 1943 nach der Niederlage in Nordafrika nicht wieder aufgestellt. Die Reste des Bataillon kamen in Kriegsgefangenschaft.
Für Wilhelm geht der Krieg weiter...
Am 15.12.1943 bekommt er das Ärmelband „AFRIKA“ verliehen.
Unterschrift auf der Urkunde ist von Hauptmann Joachim Frantz.
Er ist der Bataillonskommandeur schweres Granatwerfer-Bataillon 9 (mot), Träger des Deutsches Kreuz in Gold.
Kommen wir zum letzten vorliegenden Dokument in der Gruppe.
Sein EK 1. Wir schreiben den 30. März 1944.
Ostfront – Heeresgruppe Süd
Das schwere Granatwerfer Bataillon war der 371. Infanterie Division unterstellt. Im März 1944 wurde das Bataillon bei Kamjanez-Podilskyj eingesetzt.
Unterschrift auf dem vorläufigen Besitzzeugnis zum EK1:
General der Infanterie Hermann Niehoff
Namentliche Nennung im Wehrmachtsbericht am 11.08.1944
als Generalleutnant und Kommandeur 371. Infanterie-Division
Ehrenblattspange des Heeres am 29.09.1941 als Oberstleutnant
und Kommandeur Infanterie-Regiment 464
Deutsches Kreuz in Gold am 06.01.1942 als Oberstleutnant
und Kommandeur Infanterie-Regiment 464
Ritterkreuz am 15.06.1944 als Generalleutnant
und Kommandeur 371. Infanterie-Division
764. Eichenlaub am 05.03.1945 als Generalleutnant
und Kommandeur 371. Infanterie-Division
147. Schwerter am 26.04.1945 als General der Infanterie
und Kommandant der Festung Breslau
06.05.1945 bis Oktober 1955 russische Kriegsgefangenschaft
Das EK1 erhielt W zur Zeit der als …
(Quelle Lexikon der Wehrmacht)
Mit der am 4. März 1944 eröffneten, sowjetischen Großoffensive stand auch die 371. in harten Kämpfen gegen vielfach überlegenem Gegner (Abwehr von 24 feindlichen Angriffen auf linkem Flügel am 7.3.) und musste sich - hinhaltend kämpfend – abschnittsweise nach Süden zurückziehen (8.3. Woitowzy, 12.3. südöstlich Chmelnik, 20.3. Bagrinowzy und Alexandriwka), um dann ab 22. März als Teil der 1.Panzerarmee eingeschlossen zu werden. In diesem „Kessel von Kamenez-Podolsk“ – auch als wandernder „Hube-Kessel“ bezeichnet – kämpfte sie ca 20km südöstlich von Proskuroff an der Ostfront des Einschließungsrings. Ab dem 25. März der Korpsgruppe Breith unterstellt, wurde sie mit Masse aus dieser Front unter schweren Nachhutkämpfen herausgelöst (ein kleinerer Teil kämpfte zusammen mit der 168. Infanterie-Division weiter an der Ostfront des Kessels) und auf Kamenez-Podolski zur Gewinnung des dortigen Flugplatzes angesetzt. Dies gelang auch in wechselvollen Kämpfen bis zum 28. März. Der dort als Kessel im Kessel verteidigende Gegner wurde dabei restlos aufgerieben.
...
Das weitere Schicksal des Soldaten W ist mir zu diesem Zeitpunkt leider nicht bekannt.
Ich hoffe ihr hattet Spaß der Vorstellung mit Interesse zu folgen und ich sag vielen Dank fürs anschauen.
Viele Grüße
Matthias