Möchte hier mal meinen Neuerwerb vorstellen - einen Zufallsfund aus einem uns allen bekannten online-Auktionshaus. Es handelt sich um ein Hannoversches Stiftschlossgewehr um 1790 in der Ausführung für die Infanterie mit einer Länge von 149cm. Das Gewehr war für seine Zeit recht fortschrittlich konzipiert. So hatte es ein relativ kleines Kaliber von unter 17mm. Einen abgewinkelten Hinterschaft um ein echtes Zielen über Kimme und Korn zu ermöglichen sowie eine Hakenschwanzschraube. Erwähnenswert sind auch die Flachschieber - anstelle einfacher "Nägel", welche Rohr und Schaft miteinander verbinden und die Haltefeder für den Ladestock, welche nicht im Schaft sondern im mittleren Ladestockröhrchen integriert ist. Das Gewehr hat noch den originalen Feuerschirm sowie den dazugehörigen Ladestock mit eingeschnittenen Innengewinde. Die Besonderheit ansich ist jedoch das Schloss. Anders als bei den übrigen Schlössern seiner Zeit, verzichtet es größtenteils auf Schrauben. Vielmehr sitzen die meisten beweglichen Teile und Federn auf Stiften in der Schlossplatte. Zweck war es wohl ein Zerlegen ohne Schraubenzieher zu ermöglichen. Außerdem bargen Schrauben auch immer das Risiko von Verlust bzw. Beschädigung. Stempel sind eher sparsam angebracht. So findet sich auf den meisten Teilen lediglich die Kontrollmarke des Inspektors und Rüstmeisters Johann Siegmund Friedrich Tanner welcher bei der Waffenmanukatur Crause in Herzberg tätig war, welches die Form eines Kreises mit einem kleinen Tannenbaum hatte. Ein ebenfalls vorkommendes Sternsymbol konnte bisher nicht näher bestimmt werden.
Mit dem Ende der (Alt-)Hannoverschen Armee im Jahr 1803 und der Besetzung durch die napoleonischen Truppen wurden die Waffenbestände vernichtet bzw. über ganz Europa verstreut. Entsprechende Realstücke - noch dazu in einem relativ guten Zustand - sind eher selten zu finden. Das vorliegende Stück hat durchaus Gewalt gelitten. So ist die Laderast ausgeschlagen, die Hahnlippenschraube ist abgebrochen und die Ladestockröhrchen sind eingedrückt. Durchaus Hinweise darauf, dass das Gewehr einige turbulente Jahre erlebt haben dürfte. Da diese Waffen jedoch nicht auf Bäume wachsen sollte man - denke ich - keine allzu hohen Ansprüche stellen.